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Dies ist ein Projekt von Chetan Reinhard Sannyas Meditationzentrum Deutschland
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Einschätzung der Gefahren und Risiken ionisierender Strahlung   
03.04.2011

In den vergangnen Wochen ist die Nachfrage nach Strahlenmessgeräten sogar hier in Deutschland enorm gestiegen. Japan ist weit entfernt und Geigerzähler sind hierzulande ausverkauft.  Die Mehrzahl der Menschen, welche sich nun ein neues Strahlenmessgerät mit einer numerischen Anzeige zugelegt haben, wissen vermutlich kaum etwas darüber, welche Bedeutung der Zahlenwert hat, der im Display des Messgerätes angezeigt wird. 

In der Bedienungsanleitung des Gerätes steht vielleicht etwas von Gamma-Dosis oder Äquivalentdosisleistung und häufig ist eine Maßeinheit NanoGray pro Stunde [nGy/h] oder MycroSievert pro Stunde [µSv/h] angegeben. 

Wer sich für eines der handelsüblichen Strahlenmessgeräte entschieden hat, statt für einen YB-Mini-Monitor, kann nun zwar oft eine Ziffer an einem Display ablesen, wird jedoch betreffend deren Bedeutung vom Hesteller meist völlig im Dunkeln gelassen.

Das Verwirrungsspiel mit den verschiedensten Maßeinheiten ist enorm. Und wer einen Messwert an seinem Strahlenmessgerät abliest von sagen wir mal 40000nGy/h weiß noch lange nicht, wann es Zeit wird davon zu laufen...  

40000nGy/h entspricht etwa  40µSv/h ODL (Ortsdosisleistung) oder 40µSv/h Gamma-Äquivalentdosisleistung.  
Was bedeutet das nun ?

Selten wird man sich an einen Physiklehrer erinnern,  welcher davon sprach, das in einem Flugzeug in 11Km Flughöhe eine Gamma-Strahlung von bis zu 4000nGy/h oder 4µSv/h Gamma-Äquivalentdosisleistung messbar ist. Auf dem Erdboden sind es 40 mal weniger, also um die 100nGy/h bzw. 0,1µSv/h-Gamma-Äquivalentdosisleistung. Eine Kenntnis über diese Vehältnisse , gestattet immerhin eine erste Möglichkeit der Orientierung.

Ich möchte hier eine kleine Zusammenfassung über meine eigenen Erkenntnisse betreffend Wirksamkeit und Gefahren ionisierender Strahlung  geben.   Dieses Thema kann sehr umfangreich behandelt werden. Ich möchte mich hier bewusst auf einen einfachen Überblick beschränken.

Zunächst ein kleiner Überblick über die von mir verwendeten Messeinheiten für ionisierende Strahlung.

Einheit in Worten gemessene Strahlenart  Bezeichnung (Volksmund) Umrechnung
[nGy/h] Nano-Gray-pro-Stunde Gamma Ortsdosisleistung 100[nGy/h]=
0,1[µSv/h] Gammastrahlung
[µSv/h] Gamma Mycro-Sievert-pro-Stunde Gammastrahlung Gamma Gamma-Äquivalentdosisleistung 0,1[µSv/h] Gammastrahlung =100[nGy/h]
[µSv/h] Mycro-Sievert-pro-Stunde Beta,Gamma,Alpha Äquivalentdosisleistung
Tabelle1: Einheiten für ionisierende Strahlung

Selbst unter Fachleuten wird in den seltensten Fällen zwischen "Äquivalentdosisleistung" und "Gamma-Äquivalentdosisleistung" unterschieden. So wird sehr gern eine Gamma-Äquivalentdosisleistung gemessen und das Ergebnis falsch als "Äquivalentdosisleistung" ausgegeben. Solche Falschangaben können leicht zur groben Fehleinschätzung realer Gefährdung durch Beta-und Alpha-strahlendes Material  in dem betroffenen Gebiet führen. Ich habe mir deshalb angewöhnt, sehr aufmerksam zu unterscheiden.

Der Strahlungswichtungsfaktor oder Strahlenwichtungsfaktor, wR wird zur vereinfachten Berechnung der Organdosis und damit auch der effektiven Dosis herangezogen. Der Strahlenwichtungsfaktor hängt von der Strahlungsart und der kinetischen Energie des absorbierten Teilchen ab.  

Die folgende Tabelle zeigt typische Strahlungswichtungsfaktoren, so wie diese zur Umrechnung absorbierter Energieanteile in eine Äquivalentdosisleistung eingerechnet werden. 


Art der Strahlung Energiebereich Strahlungswichtungsfaktor wR
Photonen, Strahlungsart γ (Gamma) alle Energien 1
Elektronen und Myonen alle Energien 1
Neutronen < 10 keV 5
10 keV – 100 keV 10
100 keV – 2 MeV 20
2 MeV – 20 MeV 10
> 20 MeV 5
Protonen, außer Rückstoßprotonen > 2 MeV 5
Alphateilchen, Spaltfragmente,
schwere Kerne, Rückstoßkerne
alle Energien 20

(Quelle: wikipedia)


Das nächste Bild gibt einen kleinen Überblick über biologische Wirkungen der verschiedenen Strahlungsarten

Wirkung radioaktiver Strahlung auf ungeschütztes Gewebe, Energie-Strahlungswichtungsfaktoren

Bild1: Wirkung verschiedener Strahlungsarten auf biologisches Gewebe

Fliessen radioaktive Teilchen von außen in das ungeschützte Gewebe ein, dann müssen für die Abschätzung einer Wirkung Absorptionseffekte im Gewebe berücksichtigt werden. Auf von außen in das ungeschützte Gewebe einfließende Betastrahlung reagiert das Gewebe wegen  Absorption der Betateilchen etwa 20 bis 100 mal empfindlicher , als auf die gleiche Menge von außen in das ungeschützte Gewebe einfließende Gammastrahlung. So erklären sich die hohen Wirkungsfaktoren in der letzten Spalte Bild1.

Alphastrahlung wird schon vollständig von der Hautschicht absorbiert. Wegen der vollständigen Absorption und Konzentration auf eine dünne Gewebeschicht ist die biologische Wirkung in der betroffenen Gewebeschicht extrem hoch. Alphastrahlung ist wegen geringer Materialdurchdringung schon mit Papier oder Plastikfolie schirmbar. Die absorbierte Energie von Alphastrahlung wird mit dem Strahlungswichtungsfaktor wb = 20 in eine Äquivalentdosisleistung umgerechnet.

Betastrahlung wird gut im Gewebe absorbiert. Die biologische Wirkung von Betastrahlung, welche von außen auf ein menschliches Körperteil trifft,  ist aufgrund vollständiger Absorption sehr hoch und wird häufig unterschätzt. Betastrahlung ist wegen geringer Materialdurchdringung leicht schirmbar. Die absorbierte Energie von Betastrahlung wird mit dem Strahlungswichtungsfaktor wb = 1 in eine Äquivalentdosisleistung umgerechnet.

Gammastrahlung durchdringt das Gewebe fast vollständig. Jedoch etwa 1% bis 5%  Energie wird innerhalb des durchdrungenen Gewebebereiches absorbiert. Die biologische Wirkung von Gammastrahlung ist aufgrund geringer Absorptionsrate vergleichsweise niedrig. Gammastrahlung ist wegen der hohen Materialdurchdringung jedoch selbst mit dicken Bleiwänden nicht vollständig abschirmbar und besitzt eine hohe Reichweite.  Die absorbierte Energie von Gammastrahlung wird mit dem Strahlungswichtungsfaktor wy = 1  in eine Äquivalentdosisleistung umgerechnet.



Risiko ontogenetisch und phylogenetisch.

Zu unterscheiden sind grundsätzlich ontogenetische Risiken von den phylogenetischen Risiken.

Das gesundheitliche Risiko des Individuums lässt sich z.B. durch kurze Aufenthaltsdauer in einem von ionisierender Strahlung betroffenen Gebiet verringern. Werden sehr kurze Aufenthaltszeiten in einem betroffenen Gebiet von einem Individuum eingehalten, dann lässt sich das Risiko selbst sehr hoher ionisiernder Strahlung mittels Flucht aus dem betroffenen Gebiet minimieren.  Vorausetzung ist natürlich, das dem Individuum eine Flucht möglich ist, und das Individuum Gefährdung sowie die eigene zumutbare Aufenthaltsdauer selbst einschätzen kann und entspechend aktiv wird.  Im Folgenden gebe ich zunächst mein privates Ergebnis zur Risikoanalyse betreffend Äquivalentdosisleistung und Aufenthaltsdauern an

Akutes individuelles Risiko minimieren durch kurze Aufenthaltsdauer 

Mit einem hochwertigen Strahlenmessgerät wie z.B. dem YB-Mini-Monitor ist es  möglich, sowohl sensibel eine Äquivalentdosisleistung mit  geöffnetem Beta-Fenster zu messen, als auch eine Gamma-Äquivalentdosisleistung mit geschlossenem Beta-Fenster zu messen. Hierbei unterscheide ich je nach Ergebnis der beiden Messungen zwei Fälle.

1.Fall:  gemessene Äquivalentdosisleistung = gemessene Gamma-Äquivalentdosisleistung

In diesem Fall wäre das Gebiet von Gamma-Strahlung betroffen. Belastung durch Beta- und Alpha-strahlendes Material , -Staub und -Gas sei vernachlässigbar. Im Zweifelsfall ist ein staubdichter Schutzanzug unumgänglich.  Das persönliche Risiko und eine Aufenthaltsdauer bis zum erreichen einer mittleren letalen Dosis für das Individuum kann näherungsweise anhand der gemessenen Äquivalentdosisleistung kalkuliert werden.

Geschätzte Aufenthaltsdauer bis zum erreichen einer mittleren letalen Dosis
in einem Gebiet in welchem die Äquivalentdosisleistung gleich der Gamma-Äquivalentdosisleistung ist.

Äquivalentdosisleistung
[µSv/h]
Aufenthaltsdauer ca. bis LD50
0,1 200 Jahre
0,2 100 Jahre
0,357 56 Jahre
0,4 50 Jahre
0,45 44 Jahre
0,5 40 Jahre
1 20 Jahre
2 10 Jahre
4 5 Jahre
10 2 Jahre
100 2 Monate
1000 1 Woche
Tabelle2 : Äquivalentdosisleistung und Aufenthaltsdauer bis erreichen einer mittleren letalen Dosis


Beispiele zur Tabelle2:

Beispiel 1:
In der der japanischen Stadt Kuji Hitachi City werden einige Tage nach dem Fukushima-GAU 0,357µSv/h (357 nGy/h) Gamma-Äquivalentdosisleistung gemessen.  Angenommen die Dosis bleibt unverändert.  Nach wieviel Jahren Aufenthalt in dieser Stadt haben Bewohner eine mittlere letale Dosis LD50 absorbiert. (50 Jahre)
Gamma-Äquivalentdosis in Kuji Hitachi City am 04.04.2011
Bild1:  Radioaktivität in
Kuji Hitachi City am 04.04.2011
(Quelle: http://www.rdtn.org/)
Radioaktivität in einer japanischen Stadt. Im März bis April 2011
Bild1a:  Radioaktivität in der japanischen Stadt Kuji Hitachi City im März bis April 2011
(Quelle: http://www.rdtn.org/)

Beispiel 2:

Ein Berufspilot absorbiert auf seinen Flügen etwa 4000µSv pro Jahr. Das rechnet sich zu ca. 0,45µSv/h durchschnittliche Belastung während der Zeit seiner Berufsausübung. Tabelle 2 gibt dazu weniger als 50 Jahre an, bis eine mittlere letale Dosis absorbiert ist.



Akutes individuelles Risiko minimieren durch kurze Aufenthaltsdauer 

2. Fall : gemessene Äquivalentdosisleistung > gemessene Gamma-Äquivalentdosisleistung
Wird in einem von ionisierender radioaktiver Stahlung betroffenen Gebiet eine Äquivalentdosisleistung gemessen, die höher ist, als die Gamma-Äquivalentdosisleistung, dann ist neben Gamma-Strahlung auch mit Alpha- und Betastrahlung und radioaktivem Staub sowie radioaktivem Gas zu rechnen . In diesem Fall ist während der gesamten Aufenthaltsdauer unbedingt ein dickwandiger staubdichter Schutzanzug - bzw. gasdichte ABC-Schutzkleidung  zu tragen. Alternativ sind alle kontaminierten Örtlichkeiten umgehend mit gasdichten absorbierenden Schutzabdeckungen zu überdecken oder auf andereWeise zu dekontaminieren. Ist weder eine passende Schutzbekleidung vorhanden, noch eine umgehende  Abdeckung bzw. Dekontaminierung möglich, dann sind gesundheitliche Risiken mit einfachen Mitteln nicht mehr kalkulierbar und das betroffene Gebiet muss für den individuellen Schutz ohne Zeitverzögerung verlassen werden.

Phylogenetische Risiken ionisierender Strahlung.

Phylogenetische Risiken ionisierender Strahlungen beziehen sich auf eine Gattung und sind soweit es die menschliche Gattung betrifft , meines Wissens weitgehend unerforscht. Jedoch es ist leicht einzusehen, das phylogenetische Risiken weit sensibler eingeschätzt werden müssen, als ontogenetische Risiken. Meinen Erkenntnisen entsprechend muss damit gerechnet werden, das selbst geringfügige Schäden durch ionisierende Strahlung, welche sich beim Individuum kaum oder nicht bemerkbar machen, sich jedoch über körperliche Vererbung von Generation zu Generation übertragen und verstärken können. Schäden die durch geringe ionisierende Strahlung entstehen, haben nämlich die Besonderheit, das geschädigte aber überlebende Körperzellen wegen Fortpflanzung und Vererbung der Schäden problematischer werden können, als durch hohe Dosen gestorbene Zellen. Eine Anhebung der Äquivalentdosisleistung an der Erdoberfläche von nur 30% bis 50% über den natürlichen Durchschnittswert (weniger als 0,1µSv/h)  kann für das Individuum zu Lebzeiten von untergeordneter Bedeutung bleiben, jedoch das Kollektiv wird zu leiden haben.

Wirkt geringfügig erhöhte radioaktive Strahlung dauerhaft über viele Generationen auf die menschliche Bevölkerung ein, so hat dies offensichtlich einen stark reduzierenden Einfluss auf die Bevölkerungszahl. Anhand  Bevölkerungszahlen, welche von Landesämtern im Internet veröffentlicht werden, im Zusammenhang mit den vom Bundesamt für Strahlenschutz veröffentlichen mittleren Ortsdosisleistungen, habe ich vor einigen Jahren die Grafik (Bild3 ) zusammengestellt.
Bevölkerungszahl und Gamma-Strahlendosis
Bild 3 : Zusammenhang zwischen Gamma- Ortsdosisleistung (ODL) und Bevölkerungsdichte, dargestellt anhand Daten aus verschiedenen Bundesländern

Die Daten ausgesuchter Bundesländer lassen mich einen Zusammenhang zwischen ODL  und einer mit steigender ODL steil abnehmenden Bevölkerungsdichte vermuten (Bild3).

Einen Überblick über die Strahlenexposition in Deutschland gibt das folgende Bild
Verteilung der Strahlenexposition in Deutschland
Bild 4 : Strahlenexposition in Deutschland
Es fällt auf, das einige Großstädte besonders stark betroffen sind. 


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 Hinweise und Anmerkungen erbitte ich per e-mail an : chetan@t-online.de
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(letzte Textänderung auf dieser Seite : 27.01.2015)